Publikationen

Bauhaus & Körperbau

Eine deutsch-amerikanische Kulturgeschichte

Im Unterschied zu den meisten Publikationen zum Bauhaus und seinen Innereien spannt K. den kulturhistorischen Bogen von den lebendigen Reformbewegungen um 1900 bis zur aktuellen Situation unserer Tage, einer irritierenden „Body Culture“ und dem eleganten Minimalismus des „International Style“. Anschaulich nutzt der Autor Fotografien und Bilder namhafter Künstler, wodurch diese Kulturgeschichte enorm an Einsicht und Verstehen gewinnt.

K. spricht u.a. den Werdegang von Walter Gropius an, er benennt Vorbilder, Ideengeber, Mitarbeiter, … aber auch Konkurrenten, Kritiker und Feinde. Er beleuchtet die lebendige Rolle des Tanzes, der Feste und Feten, der Bühne und des Sports am Bauhaus. Hier gehört der Satz von Hannes Meyer (dem Nachfolger von Gropius) hin, nachdem
„eine Hochschule ohne Leibesübungen (…) ein Unding sei“.

Dabei erinnert K. an die sinnliche Rolle wie die kreative Bedeutung der vielen jungen Frauen am Bauhaus in Weimar und Dessau, und er sieht vor dem Hintergrund des Ideals eines Neuen Menschen innere Zusammenhänge zwischen der Architektur, der Körper-Kultur und der Sexualität.
Vor solchem Szenario beschreibt K., wie aus der Krise 1928 in Dessau und dem Scheitern 1933 in Berlin, ab 1937 in den USA eine bemerkenswerte Rettung des Bauhaus wurde. Im Blick auf seine Exilanten in New York oder Chicago erinnert er an den ungewöhnlichen Ausspruch von Walter Cook, dem Direktor des „Institute of Fine Arts“ in New York:
„Hitler ist mein bester Freund“.

Walter Gropius selbst, Lazslo Moholy-Nagy, Marcel Breuer, Mies van der Rohe … wurden Akteure, die in Zusammenarbeit mit ihren amerikanischen Kollegen den populären minimalistischen „International Style“ kreierten – kulturgeschichtlich eine weltweite „Glasepoche“.

Unveröffentlichtes Manuskript, 314 Seiten + Anmerkungen u. Literatur, Stand: Sommer 2018

Totalitäre Körper-Kultur

Ein Jahrhundert Leistungssport

Mit „Totalitäre Körper-Kultur. Ein Jahrhundert Leistungssport“ legt der seit einigen Jahren in Thailand lebende habilitierte Kultur- und Sporthistoriker 2018 historisch-politisch nach.
Gleich zu Beginn belegt er, daß die olympische Geschichte Deutschlands durchgehend eine tragische ist. Die Rezeptur des Mussolinismus „Sportler sind Diplomaten im Trainingsanzug“, dieses simple Motto zieht sich wie ein Roter Faden durch diese Kulturkritik, weil damit letztlich immer aus dem natürlichen Menschen ein athletisches Material wurde.
Detailiert ist nachzulesen, daß diese Versportung mit einer Militarisierung parallel verlief: im faschistischen Italien, im nationalsozialistischen Deutschland, in der stalinistischen Sowjetunion und exemplarisch in der sog DDR.
In dieser bis heute weithin übersehenen Militärdiktatur entdeckt Kühnst mentalitätsgeschichtlich den ehemals idealtypischen HJ’ler Manfred Ewald. Der konnte als unumschränkter „Hausmeister“ nicht nur Siege und Medaillen vorweisen, die Hinterbliebenen, vor allem Athletinnen, sind Zeugen von Menschenversuchen, die den Vergleich mit denen im Dritten Reich herausfordern.
Im letzten Teil dieses gut illustrierten Buches ist von der „Ära Tröger“ die Rede – ein klebriges Stück bundesdeutscher Geschichte. In dessen restaurativen Milieu gab es nicht nur den medikamentösen Tod der Leichtathletin Birgit Dressel (1987), es gab die Vor- und Rückseite der Olympischen Spiele von München 1972, Experimente mit Doping und ehrenwerte Mahner und Kritiker und unehrenhafte Trainer, Funktionäre und fahrlässige Beamte und Parlamentarier.
Denkwürdig zitiert der Autor den Befund für diese Szenerie: Brigitte Behrendonk stellte fest, daß „intelligente junge Menschen nicht mehr für den Spitzensport zu gewinnen sind“.
Zudem gab es die Bewerbung um die Olympischen Spiele „Berlin 2000“. Ein beschwiegenes „Gesellenstück“ daß von Exponenten, dem Präsidenten des NOK in Frankfurt und einem Prof. für Sportgeschichte der Sporthochschule Köln, trotz des schmierigen Desasters schadlos überstanden wurde.

Kühnst spricht von drei Skandalverhältnissen, die im fauligen Innenleben des deutschen Sports vor sich hinblühen:
1. die hingenommene SS-Vergangenheit der Sportfunktionäre Willi Daume und Karlheinz Gieseler, die bis 1989 bzw. 1991 den deutschen Sport anführten.
2. die sorgfältig beschwiegene Olympiabewerbung „Berlin 2000“, den Tiefpunkt bundesdeutscher Sportpolitik.
3. die anzunehmende jahrzehntelange Manipulation der Zahl der Mitglieder des Deutschen Sportbundes (DSB).

Allein schon diese drei historisch-politischen Abgründe lassen den Leser in einem Wissen zurück, daß unser aller umjubelter Leistungssport ein zähes Stück Totalitarismus mit häßlichen Sitten ist.
Der Autor kommt schließlich zu dem Ergebnis, daß diese 100jährige Kulturgeschichte eine hochgezüchtete Körper-Kultur darstellt, die Formen von Folter aufweist, Praktiken des internationalen Menschenhandels betreibt und von verästelter Korruption und organisierter Kriminalität gekennzeichnet ist – im Grunde wie zu den rohen Zeiten der Antike.

Lit-Verlag 2018,    ISBN 978-3-643-13642-8 (br),  978-3-643-33642-2 (PDF)
E-Books sind erhältlich unter www.litwebshop.de

Tempel der Körper

Eine Ketzerschrift

In diesem reich bebilderten Band, der sich in Teilen wie eine historisch-philosophische „Radtout für Hochbegabte“ liest, klingt ketzerisch die Botschaft an, dass es geboten ist, den Kult des Leistungssports neu zu denken, denn »Wir brauchen dringend ein paar Verrückte. Guckt euch an, wo uns die Normalen hingebracht haben.« George Bernhard Shaw

Wozu stoßen wir eine Eisenkugel in die Gegend, und das möglichst weit? Wieso flitzen wir, wie von Panik getrieben, 100, 200, 1.000 oder 5.000 Meter auf einer hergerichteten Bahn im Oval herum und ereifern uns über den, der zuerst ankommt, obwohl wir auch den Letzten feiern könnten? Was ist das Segenbringende in der weltweiten Pilgerkultur bei den Marathonläufern, wo sich noch so viele den Knorpel, die Bänder und die Gelenke zermürben? Und wozu paddeln wir so enthusiastisch in großen Aquarien hin und her? Was ist das alles für eine lebensbedrohliche Hingabe und Opferbereitschaft?
Peter Kühnst führt in seiner »Ketzerschrift« zum Kult des Leistungssports und des Olympismus dessen religiöse Elemente mit denen des Katholizismus zusammen und kann verblüffend vielfältige Gemeinsamkeiten aufzeigen: Die Architekturen, die Stadien, Hallen und Plätze weisen einen sakralen Charakter, den Sinn und die Form eines Kultplatzes oder einer Opferstätte auf, in denen sich gleich den Kirchen und Domen nach dem Außergewöhnlichen gesehnt wird. Die siegreichen Sportler, sie werden als Heroen und Apostel mystifiziert, und die Kaste der Sportfunktionäre weist Ähnlichkeiten mit den Hoheiten der Katholischen Kirche auf.
In der Umgebung sakraler Architektur dieses Sports existiert ein Zauber, bei dem aus dem traditionellen Glaube ein Staunen geworden ist, aus dem Gebet eine Bewunderung – beides, das Staunen und die Bewunderung sind der Untergrund des Religiösen.
Die Kehrseite dieses Kults hingegen, die sich nicht nur in dopinggeschädigten Athletinnen und Athleten oder überdimensionierten und ungenutzten Sporttempeln, wie z.B. denen von den Olympischen Spielen von Athen (2004) zeigt, die wird verdrängt und beschwiegen.

Kulturverlag Kadmos. Berlin 2015, ISBN (13) 978-3-86599-207-9

Sportbilder

Florian von Stetten

Sport und Leistung. Sieger und Mächte. Sport und Schönheit.
Dreiteilige Fernsehdokumentation. Idee und Mitarbeit: Peter Kühnst (Sport. Eine Kulturgeschichte im Spiegel der Kunst). Tag/Traum-Filmproduktion. Köln 2009

Naked Champions

Der sportliche Akt in der Fotografie. (Texte: P. Kühnst/W. Borgers) Edition Braus. Heidelberg 2004,   ISBN 90-5705-001-3


Corps d’Athletes

Sport et naturisme dans la photographie. (Textes: P. Kühnst/W. Borgers) Edition du Regard. Paris 2004,   ISBN 3-89904-096-1


51gmv8qAqJL[1]

Physique

Classic Photographs of Naked Athlets. (Contributions: P. Kühnst/W. Borgers) Thames & Hudson Ltd. London 2004,   ISBN 0-500-28475-X

Sportführer Manfred Ewald

Eine mentalitätsgeschichtliche Annäherung zum Tode des ehemaligen DDR-Sportpräsidenten.
Deutschlandfunk. Köln 9.12.2001

Glaube – kämpfe – gehorche

Unbequeme Erinnerungen an die totalitaristische Tradition in der Geschichte des Leistungssports von 1928 bis 1989. In: S. Meck/P.G. Klussmann (Hrsg.). (Festschrift für Dieter Voigt) Lit-Verlag. Münster-Hamburg-London 2001, S. 219-244

Pop Sport – Das Element des Spielens in der Kultur der Postmoderne

In: Norbet Gissel (Hrsg.): Öffentlicher Sport. Die Darstellung des Sports in Kunst, Medien und Literatur. Schriften der DVS Band 101. Hamburg 1999 S.17-36
In diesem Beitrag werden die Kultur des modernen Sports und seiner Spiele anhand prominenter Bildender Kunst zum sprechen gebracht. Ist doch jedes Bild, jede Grafik, Fotografie, … – gerade von namenhaften Künstlern – eine Erzählung vom und über das sportliche und spielerische Geschehen unserer Zeit.
Dabei ist die Thematik in Aktionen mit sich selbst, mit Partnern und mit Geräten gegliedert.
Offensichtlich wird einmal, wie eros und sexus quasi sittengeschichtlich als Untergrund, Vorfeld oder Hintergrund das gymnastische und athletische Treiben mitbestimmen. Zum anderen fällt anhand dieser kulturhistorischen Sicht auf, wie eingeschränkt die Geschichtsschreibung zur Versportung moderner Gesellschaften weithin noch immer ausfällt.

Mike Francis „Advantage Mrs. Cunningham“ (1996; Detail) N. Treadwell-Gallery, Bradford, Yorkshire / Gallery K, Washington D.C.